Die verschiedenen Traumareaktionen: Fight, Flight, Freeze und Fawn

Trauma ist eine tiefgreifende emotionale Reaktion auf überwältigende Ereignisse, die die Fähigkeit einer Person, damit umzugehen, überfordern können. Die Reaktionen auf traumatische Erlebnisse sind vielfältig und variieren von Person zu Person. Zu den bekanntesten Traumareaktionen gehören Fight, Flight, Freeze und Fawn. Diese Reaktionen sind natürliche Überlebensmechanismen, die in Zeiten von Bedrohung und Stress aktiviert werden. In diesem Blogartikel werden wir diese Reaktionen genauer untersuchen, ihre Hintergründe erklären und beleuchten, wie sie sich in verschiedenen Situationen manifestieren können.

Fight: Der Kampfmodus

Die Fight-Reaktion ist durch eine aggressive Antwort auf eine Bedrohung gekennzeichnet. Hierbei versucht die Person, die Gefahr aktiv zu bekämpfen oder zu beseitigen. Physiologisch äußert sich dies durch einen erhöhten Herzschlag, gesteigerte Muskelspannung, erweiterte Pupillen und eine vermehrte Ausschüttung von Adrenalin und anderen Stresshormonen. Psychologisch zeigt sich diese Reaktion in Form von Wut und Aggression, Kampfbereitschaft sowie Fokus und Entschlossenheit. Ein Beispiel für die Fight-Reaktion wäre eine Person, die in einer gefährlichen Situation, wie einem Überfall, kämpft, anstatt zu fliehen. Auch verbale Auseinandersetzungen oder das Bedürfnis, sich lautstark zu verteidigen, können als Fight-Reaktion betrachtet werden. Die Fight-Reaktion ist eine evolutionäre Anpassung, die es unseren Vorfahren ermöglichte, sich gegen Raubtiere oder feindliche Stämme zu verteidigen. In der modernen Welt kann diese Reaktion jedoch unangemessen oder übertrieben erscheinen, insbesondere wenn die Bedrohung nicht physischer Natur ist.

Flight: Der Fluchtmodus

Die Flight-Reaktion ist durch den Drang gekennzeichnet, vor einer Bedrohung zu fliehen. Die Person versucht, der Gefahr zu entkommen und sich in Sicherheit zu bringen. Diese Reaktion wird durch physiologische Veränderungen wie einen erhöhten Herzschlag, schnelleres Atmen und Muskelkontraktionen, die auf Bewegung vorbereitet sind, begleitet. Zudem werden Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet. Psychologisch zeigen sich Angst und Panik, der Drang wegzulaufen oder sich zu verstecken sowie eine starke Konzentration auf Fluchtwege. Ein Beispiel für die Flight-Reaktion wäre jemand, der eine gefährliche Situation vermeidet, indem er schnell den Ort verlässt oder sich versteckt. Auch das Vermeiden von unangenehmen Gesprächen oder Konfrontationen kann als Flight-Reaktion interpretiert werden. Diese Reaktion hat ebenfalls tiefe Wurzeln in der Evolution und ermöglichte es unseren Vorfahren, gefährlichen Situationen zu entkommen, bevor sie Schaden nehmen konnten. In der modernen Gesellschaft kann dieses Verhalten jedoch zu vermeidendem Verhalten führen, das das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen kann.

Freeze: Der Erstarrungsmodus

Die Freeze-Reaktion ist durch ein plötzliches Einfrieren oder Erstarren in einer bedrohlichen Situation gekennzeichnet. Dabei ist die Person unfähig, zu kämpfen oder zu fliehen. Physiologisch äußert sich dies durch einen verminderten Herzschlag, flache Atmung, Muskelstarre und eine reduzierte Aktivität des sympathischen Nervensystems. Psychologisch treten Gefühle der Taubheit oder Dissoziation, das Gefühl des Gefangenseins und Handlungsunfähigkeit auf. Ein Beispiel für die Freeze-Reaktion ist ein Mensch, der in einer gefährlichen Situation nicht reagiert oder sich nicht bewegt, oft als ob er gelähmt wäre. Auch das mentale „Einfrieren“ bei überwältigendem Stress kann eine Form der Freeze-Reaktion sein. Diese Reaktion stellt eine letzte Verteidigungslinie dar, wenn weder Kampf noch Flucht möglich sind. Sie kann auch dazu dienen, potenzielle Angreifer zu verwirren oder zu entmutigen, indem die Person wie tot wirkt.

Fawn: Der Anpassungsmodus

Die Fawn-Reaktion ist durch die Tendenz gekennzeichnet, sich anzupassen und die Zustimmung der Bedrohung zu suchen, um Konflikte zu vermeiden und Sicherheit zu erlangen. Physiologisch wird dies durch die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems und eine verminderte Ausschüttung von Stresshormonen im Vergleich zu Fight oder Flight begleitet. Psychologisch äußert sich dies durch Überanpassung und Zustimmung, übermäßige Freundlichkeit und Unterwürfigkeit sowie die Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse. Ein Beispiel für die Fawn-Reaktion wäre eine Person, die in einer bedrohlichen Situation versucht, die Angreifer durch Freundlichkeit oder Unterwürfigkeit zu besänftigen. Auch Menschen, die chronisch versuchen, es allen recht zu machen, um Konflikte zu vermeiden, zeigen eine Fawn-Reaktion. Diese Reaktion ist eine Form des sozialen Überlebensmechanismus und tritt häufig bei Menschen auf, die in Umgebungen aufgewachsen sind, in denen sie regelmäßig Bedrohungen oder Missbrauch ausgesetzt waren und gelernt haben, durch Anpassung und Gefälligkeit zu überleben.

Der Umgang mit Traumareaktionen

Es ist wichtig zu erkennen, dass diese Reaktionen nicht bewusst gewählt werden, sondern automatische Überlebensmechanismen des Körpers sind. Menschen, die unter diesen Reaktionen leiden, brauchen oft professionelle Unterstützung, um damit umzugehen und gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Therapieansätze wie kognitive Verhaltenstherapie (CBT), EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) und somatische Erfahrungen können dabei helfen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und die Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen.

Fazit

Traumareaktionen wie Fight, Flight, Freeze und Fawn sind tief verwurzelte Überlebensmechanismen, die unser Verhalten in bedrohlichen Situationen prägen. Während sie in der Vergangenheit entscheidend für das Überleben waren, können sie in der modernen Welt zu Problemen führen, wenn sie unangemessen oder übermäßig aktiviert werden. Das Verständnis dieser Reaktionen und die Suche nach geeigneter Unterstützung sind wesentliche Schritte auf dem Weg zur Heilung und zum Wohlbefinden. Indem wir uns selbst und anderen mit Mitgefühl und Wissen begegnen, können wir die Herausforderungen, die durch Trauma entstehen, besser bewältigen und überwinden.

Severin Camenisch Körpertherapie und Shiatsu in Pfäffikon ZH

Über Severin Camenisch

Als Komplementärtherapeut mit Branchenzertifikat OdA KT und Mitglied beim Shiatsuverband verbinde ich westliche Therapieansätze mit fernöstlicher Heilkunst.

Die Integration von Shiatsu mit körpertherapeutischen Ansätzen bietet eine ganzheitliche Herangehensweise zur positiven Beeinflussung der Gesundheit. Durch die Kombination verschiedener Techniken können sowohl körperliche als auch emotionale Probleme behandelt werden.

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