Ein Blick auf Trauma aus der Perspektive eines Körpertherapeuten

Trauma ist ein komplexes und tiefgreifendes Phänomen, das viele Menschen auf ihrem Lebensweg erfahren. Es kann durch verschiedenste Ereignisse ausgelöst werden, von Unfällen oder langanhaltend schwierigen Lebenssituationen bis zu körperlichem oder seelischem Missbrauch. Trauma können speziell auch in frühen Lebensjahren entstehen unter anderem in Form von Bindungstrauma. Doch während Trauma oft als rein emotionale oder psychologische Herausforderung betrachtet wird, ist es wichtig zu erkennen, dass der Körper eine ebenso bedeutende Rolle bei der Bewältigung und Heilung von Trauma spielt.

Als Körpertherapeut betrachte ich Trauma aus einer ganzheitlichen Perspektive, die den Körper als integralen Bestandteil des Heilungsprozesses betrachtet. In diesem Blogbeitrag möchte ich die Bedeutung der Körperarbeit bei der Bewältigung von Trauma hervorheben und wie sie dazu beiträgt, verborgene Wunden zu heilen und das emotionale Gleichgewicht wiederherzustellen.

Die Sprache des Körpers verstehen

Der Körper spricht eine eigene Sprache, die oft lauter ist als Worte. Trauma kann sich tief in den Geweben, Muskeln und dem Nervensystem manifestieren, und seine Auswirkungen können vielfältig sein, von chronischen Schmerzen über Verspannungen bis hin zu emotionalen Blockaden. Als Körpertherapeuten haben wir gelernt, diese subtilen Signale des Körpers zu erkennen und zu interpretieren, um unseren Klienten dabei zu helfen, ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten.

Allgemeine Traumasymptome

Traumatische Erlebnisse können weitreichende Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit haben. Zu den häufigsten allgemeinen Traumasymptomen gehören das Wiedererleben des Traumas, Vermeidungsverhalten, Ängste, negative Veränderungen in Stimmung und Denken, Übererregung (Hyperarousal) und körperliche Symptome.

Übererregung äußert sich durch Schlafstörungen, Reizbarkeit und ständige Wachsamkeit. Diese Symptome können den Alltag erheblich beeinträchtigen und zu einer Verschlechterung der Lebensqualität führen. Zudem treten oft körperliche Beschwerden auf, wie Kopfschmerzen oder Schmerzen ohne klare medizinische Ursache.

Traumasymptome bei Frauen

Frauen zeigen nach traumatischen Erlebnissen oft spezifische Reaktionen, die auf biologische, hormonelle und soziale Faktoren zurückzuführen sind. Sie haben ein höheres Risiko, Angststörungen und Depressionen zu entwickeln, wobei hormonelle Schwankungen eine Rolle spielen könnten. Essstörungen treten bei Frauen ebenfalls häufiger auf, insbesondere wenn das Trauma mit sexuellem Missbrauch verbunden ist.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist bei Frauen doppelt so häufig wie bei Männern. Diese Störung kann intensivere und langanhaltendere Symptome hervorrufen. Frauen neigen auch zu stärkeren emotionalen Reaktionen, wie Schuld und Scham, was zu emotionaler Dysregulation führen kann.

Zudem sind Frauen häufiger Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt, was besonders schwere Traumatisierungen verursachen kann. Diese Art von Trauma ist oft mit zusätzlichen gesellschaftlichen Herausforderungen verbunden, die den Heilungsprozess erschweren können. Das Verständnis dieser spezifischen Symptome ist entscheidend für die Entwicklung wirksamer, geschlechtsspezifischer Behandlungsansätze.

Wie unterstützt Körpertherapie bei Trauma?

Die Integration von Körper und Geist

In der Körpertherapie geht es darum, Körper und Geist zu integrieren und ein tieferes Verständnis für die Verbindung zwischen ihnen zu entwickeln. Indem wir uns auf den Körper konzentrieren und die darin gespeicherten Spannungen und Traumata lösen, können wir auch den Geist befreien und ihm ermöglichen, sich von belastenden Erinnerungen zu lösen. Dieser ganzheitliche Ansatz ist entscheidend für die langfristige Heilung von Trauma, da er es den Betroffenen ermöglicht, ein neues Gefühl von Ganzheit und Wohlbefinden zu erleben.

Achtsamkeit und Empathie

In der Körpertherapie ist Achtsamkeit und Empathie von zentraler Bedeutung. Wir arbeiten behutsam mit unseren Klienten zusammen, um einen sicheren Raum zu schaffen, in dem sie sich öffnen und ihre traumatischen Erfahrungen teilen können. Durch einfühlsame Berührung und sanfte Bewegungen unterstützen wir sie dabei, sich mit ihrem Körper zu verbinden und das Vertrauen in sich selbst wiederzugewinnen.

Die Bedeutung von Körperübungen und Atemtechniken

Körpertherapeuten nutzen eine Vielzahl von Techniken und Übungen, um ihren Klienten dabei zu helfen, Trauma zu verarbeiten und zu heilen. Dazu gehören unter anderem Atemtechniken, Körperentspannung und Bewegungsübungen. Diese Werkzeuge ermöglichen es den Betroffenen, sich von inneren Spannungen zu befreien, ihre Atmung zu regulieren und ein tieferes Gefühl von Ruhe und Gelassenheit zu erfahren.

Ein ganzheitlicher Ansatz für die Heilung von Trauma

Insgesamt ist die Körpertherapie ein integraler Bestandteil eines ganzheitlichen Ansatzes zur Heilung von Trauma. Indem wir den Körper als Tor zur Seele betrachten und ihn in den Heilungsprozess einbeziehen, können wir unseren Klienten dabei helfen, sich von den Auswirkungen traumatischer Erfahrungen zu befreien und ein neues Gefühl von Stärke und Resilienz zu entwickeln. Trauma mag unsichtbar sein, aber seine Auswirkungen auf den Körper sind real – und durch die Kraft der Körperarbeit können wir einen wichtigen Beitrag zur Heilung und Wiederherstellung des inneren Gleichgewichts leisten.

Wie kann die Körpertherapiemethode Shiatsu bei Trauma unterstützen?

Shiatsu ist eine ganzheitliche Methode, die auf der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) basiert. Der Begriff „Shiatsu“ bedeutet wörtlich „Fingerdruck“. Diese Therapieform nutzt Druck, Dehnungen und Rotationen, um die Energie (Ki) im Körper zu harmonisieren. Ziel ist es, Blockaden zu lösen und das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen.

Shiatsu Schulterbehandlung
Shiatsu Behandlung der Schultern

Ein zentrales Prinzip des Shiatsu ist die untrennbare Verbindung zwischen Körper und Geist. Traumata werden nicht nur psychisch, sondern auch physisch gespeichert. Sie manifestieren sich in Muskelverspannungen, Schmerzen und einem gestörten Energiefluss. Shiatsu setzt hier an und hilft, diese physischen Symptome zu lindern, was wiederum psychische Heilung fördern kann.

Wirkungsweise von Shiatsu bei Trauma

Stressreduktion und Entspannung: Shiatsu stimuliert das parasympathische Nervensystem, das für Entspannung und Erholung zuständig ist. Durch gezielte Drucktechniken wird die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol reduziert. Dies führt zu einer tiefen körperlichen und geistigen Entspannung, die es dem Klienten ermöglicht, sich sicher und geborgen zu fühlen.

Förderung der Körperwahrnehmung: Traumapatienten haben oft ein gestörtes Verhältnis zu ihrem eigenen Körper. Shiatsu hilft ihnen, wieder Kontakt zu ihrem Körper aufzunehmen. Durch die achtsame Berührung werden sie sich ihrer Empfindungen und Grenzen bewusst. Dies stärkt das Körperbewusstsein und fördert eine positive Selbstwahrnehmung.

Lösung von energetischen Blockaden: Traumatische Erlebnisse können den Energiefluss im Körper stören. Shiatsu zielt darauf ab, diese Blockaden zu identifizieren und zu lösen. Durch den harmonisierten Energiefluss kann der Körper seine Selbstheilungskräfte aktivieren, was den Heilungsprozess unterstützt.

Emotionale Verarbeitung: Die achtsame Berührung im Shiatsu kann emotionale Reaktionen hervorrufen und unterdrückte Gefühle an die Oberfläche bringen. Dies ermöglicht es den Betroffenen, ihre Emotionen in einem sicheren Rahmen zu erleben und zu verarbeiten.

Trauma aus Sicht der TCM

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) spielt die Herz-Nieren-Achse eine zentrale Rolle im Verständnis und der Behandlung von emotionalen und psychischen Zuständen, einschließlich Trauma. Diese Achse beschreibt die dynamische und funktionelle Beziehung zwischen dem Herzen (Xin) und den Nieren (Shen), die für das harmonische Zusammenspiel von Geist (Shen) und Essenz (Jing) sowie für das emotionale und energetische Gleichgewicht des Körpers verantwortlich ist.

Das Herz und seine Funktion

  • Shen (Geist): Das Herz beherbergt den Shen, der das Bewusstsein, die Gedanken, das Gedächtnis und die Emotionen regiert.

  • Emotionale Funktionen: Das Herz ist verantwortlich für Freude und emotionales Wohlbefinden. Ein ausgeglichenes Herz führt zu einem stabilen und ruhigen Gemütszustand.

Die Nieren und ihre Funktion

  • Jing (Essenz): Die Nieren speichern das Jing, die grundlegende Lebensenergie, die für Wachstum, Entwicklung und Fortpflanzung verantwortlich ist.

  • Zhi (Willenskraft): Die Nieren beherbergen den Zhi, der mit Willenskraft, Entschlossenheit und Ausdauer verbunden ist.

  • Wasser-Feuer-Balance: Die Nieren regulieren das Wasser-Element und stehen in Wechselwirkung mit dem Feuer-Element des Herzens.

Auswirkungen von Trauma auf Herz und Niere

Trauma kann die Herz-Nieren-Achse erheblich stören, was zu verschiedenen körperlichen und emotionalen Symptomen führen kann.

  • Shen-Störung: Trauma kann den Shen des Herzens stören, was zu Schlaflosigkeit, Angstzuständen, Unruhe und emotionaler Instabilität führt.

  • Emotionale Dysbalance: Ein geschwächtes Herz kann nicht mehr die Freude und das emotionale Wohlbefinden aufrechterhalten, was zu Depressionen und emotionaler Taubheit führt.

  • Erschöpfung des Jing: Anhaltender Stress und Trauma können das Jing der Nieren erschöpfen, was zu chronischer Müdigkeit, Angst und Schwäche führt.

  • Störung des Zhi: Eine Beeinträchtigung des Zhi kann zu einem Verlust an Willenskraft, Motivation und Durchhaltevermögen führen.

Weiterführende Blogbeiträge:

Severin Camenisch Körpertherapie und Shiatsu in Pfäffikon ZH

Über Severin Camenisch

Als Komplementärtherapeut mit Branchenzertifikat OdA KT und Mitglied beim Shiatsuverband verbinde ich westliche Therapieansätze mit fernöstlicher Heilkunst.

Die Integration von Shiatsu mit körpertherapeutischen Ansätzen bietet eine ganzheitliche Herangehensweise zur positiven Beeinflussung der Gesundheit. Durch die Kombination verschiedener Techniken können sowohl körperliche als auch emotionale Probleme behandelt werden.

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